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Verfassungsschutz-Chef sieht keine NSA-Wirtschaftsspionage in Deutschland

von C. Schell

"Die Gefahr kommt aus dem Osten" zumindest wenn es nach Hans-Georg Maaßen geht. Er sieht keinerlei Bedrohung deutscher Unternehmen durch westliche Geheimdienste. Im Zusammenhang mit der NSA-Affäre nimmt der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) die USA kategorisch in Schutz:

"Uns liegen keinerlei Erkenntnisse vor, die die These einer Wirtschaftsspionage aus dem Westen stützen könnten. Tatsächlich wurde bis zum heutigen Tage in ganz Europa kein einziger Fall amerikanischer oder britischer Wirtschaftsspionage nachgewiesen. (...)

Deshalb gibt es auch angesichts einer derzeit aufgeregt geführten Debatte keinen Anlass, die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Partnern in den USA und Großbritannien grundsätzlich in Frage zu stellen." (Quelle: Sein Beitrag für das Handelsblatt, 27.08.2013)

Keine Bedrohung sieht der Herr Maaßen? Ja warum auch... schlussendlich sieht der Geheimdienstverantwortliche Herr Pofalla das ja auch nicht:

Unser Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich steht dem in nichts nach:

"Hans-Peter Friedrich (CSU) zeigt sich stolz auf die deutschen Geheimdienste und verteidigt sie in der NSA-Affäre: "Alle Verdächtigungen, die erhoben wurden, sind ausgeräumt", sagte Friedrich der Rheinischen Post. [...]

Friedrich sagte, es habe viel Lärm um falsche Behauptungen und Verdächtigungen gegeben, die sich nun in Luft aufgelöst hätten. Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass deutsche oder europäische Regierungsstellen abgehört wurden. (Quelle: Rheinische Post, 16.08.2013)

Fakt ist...

"...,daß auf dem Weg über den Atlantik der Datenverkehr nur über wenige physikalische Wege abgewickelt wird. Gerade mal zehn Seekabel verbinden zur Zeit Nordamerika mit Europa. In Deutschland bereiten die Provider derzeit der Internet-Überwachung einen guten Boden, indem sie ausgerechnet in Frankfurt einen zentralen Austauschknoten für ihre Netze, den DE-CIX, etablieren. (...) Wer sich mit genügend Rechenleistung in solche Netzknoten hängen kann, ist auch in der Lage, die über verschiedene Wege kommenden Datenpakete herauszufiltern und zusammenzusetzen." (Quelle: Heise, 1998)

Meinen Herr Maaßen, Herr Pofalla und Herr Friedrich das im Ernst? Glauben sie wirklich, dass ein Friedensvertrag ("No-Spy-Abkommen") zwischen den Geheimdiensten alles wieder gut macht (Quelle: Frankfurter Rundschau, 13.08.2013)?!?

Soll man da nun lachen oder weinen - für wie naiv halten die Herrschaften uns gemeines Volk?

Musterrezept der politischen Desinformation

Sascha Lobo beschreibt in dem Artikel vom Spiegel ein Musterrezept der politischen Desinformation. Zur Veranschaulichung zerpflückt er die Rede von Herrn Pofalla - nachfolgend eine komprimierte Zusammenfassung:

  1. Besänftigen, irreführende Ausgangslage herstellen
    Pofalla sagt: "Ich fand gut, dass heute die Sitzung des parlamentarischen Kontrollgremiums stattgefunden hat [...] weil ich selber daran interessiert war, die unglaublichen Vorwürfe gegen die deutschen Nachrichtendienste klarstellen zu können."
  2. Wohlklingendes behaupten, Selbstverständlichkeiten betonen
    "Alle Fragen, die die Arbeit der deutschen Nachrichtendienste betroffen haben, sind so geklärt worden, dass ich heute feststellen kann: Die deutschen Nachrichtendienste arbeiten nach Recht und Gesetz."
  3. Mit nutzlosen Superlativen Eindruck machen
    "Der Datenschutz wird von den deutschen Nachrichtendiensten zu 100 Prozent eingehalten. Es gibt keinen einzigen Fall, es gibt keinen einzigen Hinweis, der darauf hindeutet, dass der Datenschutz nicht hinreichend berücksichtigt wird."
  4. Nebenkriegsschauplätzchen backen
    "Es ist die Vermutung geäußert worden, dass massenhaft Daten deutscher Bürger an die USA, an den NSA übermittelt worden sind. Diese Aussage ist eindeutig falsch." - Warum auch, wenn die NSA die meisten der Daten von alleine bekommen kann?!?
  5. Das Egale konkretisieren
    "Es gibt lediglich zwei Datensätze, die von Deutschland in die USA übermittelt worden sind. Davon kann nicht gesprochen werden, dass das eine millionenhafte Überweisung sei."
  6. Großablenkung starten, dem Publikum schmeicheln
    "Und jetzt komme ich in eine Schwierigkeit, und die Schwierigkeit besteht darin, dass ich aus Sicherheitsgründen üblicherweise darüber nicht reden würde. Um Ihnen aber deutlich zu machen, worüber wir bei diesen beiden Datensätzen geredet haben,..." - Was hat das mit dem Thema zu tun?!?
  7. Ablenkung mit Mitgefühl aufpolstern
    "...möchte ich Ihnen mitteilen, dass diese beiden Datensätze, die übermittelt worden sind, sich auf einen Deutschen beziehen, auf einen Deutschen, der entführt worden ist. Und auf einen Deutschen, der immer noch entführt ist. Wir versuchen seit vielen Monaten, dem deutschen Bürger zu helfen, ihn wieder in Freiheit zu bringen und ihn körperlich unversehrt nach Hause zu bekommen."
  8. Unklarheiten als notwendig verkaufen
    "Bei aller aufgeheizten Debatte, die wir in diesen Tage führen, [...] dürfen wir nicht vergessen, dass nachrichtendienstliche Arbeit logischerweise [...] im Vertrauen darauf, dass nicht alles der Öffentlichkeit präsentiert werden kann, stattfindet."
  9. Eigenes Handeln gegen alle Fakten loben
    "Und Sie sehen an dieser Offenheit, die ich ausnahmsweise heute praktiziere, [...] damit wir alle etwas runterkommen von dieser emotionalen Diskussion [...], dass ich meiner Verantwortung auf rechtsstaatliche Kontrolle dieser nachrichten-dienstlichen Arbeit in den ganzen vier Jahren zu 100 Prozent nachgekommen bin."
  10. Entlastende Schlussbehauptung
    "...und ich freue mich, dass wir heute die Sitzung hatten, weil wir damit die Vorwürfe gegen die deutschen Nachrichtendienste im Detail klären konnten und damit feststeht, dass unsere Nachrichtendienste sich an Recht und Gesetz halten. Herzlichen Dank."

    Wie meinen der Herr? Geklärt wurde hier NICHTS!

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